gemeinde_herisau_logo

Mountainbiker Thomas Litscher: «Regeneration ist so wichtig wie Training»

Thomas Litscher war U23-Weltmeister und gehört zur den besten Mountainbikern der Welt. Um sich für den Weltcup-Saisonstart im April vorzubereiten, sitzt der Ostschweizer täglich bis zu fünf Stunden im Sattel. Zur Regeneration kommt er regelmässig ins Sportzentrum in Herisau.

  • Masseur Thorsten Krawanja und Thomas Litscher kennen sich seit vielen Jahren.

    Masseur Thorsten Krawanja und Thomas Litscher kennen sich seit vielen Jahren.

Wenn Thomas Litscher über seine Sportart spricht, macht er das überlegt und sachlich. «Ich bin schon als Kind mit meinem Vater auf dem Mountainbike unterwegs gewesen. Es ist eigentlich ein simpler Sport, weil du einfach von zuhause losfahren kannst», sagt der Profisportler. «Diese Freiheit hat mir immer gefallen.» Seine erste Wettkampferfahrung sammelte er am Ostschweizer Bikecup, der heute noch veranstaltet wird. «Das hat mir Freude gemacht – und dass ich nicht ganz schlecht war, hat bestimmt auch nicht geschadet.» Nach dem Cup fragte ein Club aus der Region an, ob Litscher nicht ins Training kommen möchte. «Das hat sich weiterentwickelt, bis ich irgendwann an internationalen Wettkämpfen gestartet bin. Als Jugendlicher war ich dann sehr erfolgreich.»

Die schwierigen Jahre
Den Höhepunkt als Junior U23 erreichte Litscher 2011 mit dem Gewinn des WM-Titels auf heimischem Boden. Es war der Lohn für einen Weg, der steiniger war als alle Pisten, die der Mountainbiker im Weltcup bewältigen muss. «Der erste Profivertrag war eine Genugtuung, weil ich neben dem Sport eine Lehre auf der Gemeindeverwaltung Thal gemacht habe. Heute gibt es Sportschulen und spezielle Angebote, um Ausbildung und Training besser zu verbinden. Ich musste noch von 7 bis 17 Uhr ins Büro und dann am Abend trainieren.» Diese Jahre seien knallhart gewesen, aber vielleicht habe er dadurch gelernt, für seine Ziele zu kämpfen.

Kämpfen musste Litscher auch während einer schwierigen Phase, als die Erfolge nach dem Wechsel von den Junioren zur Elite ausblieben. «Ich habe öfters darüber nachgedacht, mit dem Leistungssport aufzuhören», gesteht der heute 34-Jährige. «Und doch hatte ich immer wieder Ausreisser nach oben, die mir gezeigt haben, dass ich mit der Weltspitze mithalten kann.» Die Wende kam 2017 mit dem überraschenden dritten Rang an der Weltmeisterschaft. «Danach war der Glaube wieder da. Auch wenn ich nie eine Saison mit konstanten Klassierungen in den Top 10 habe, schaffe ich es immer wieder, mich in der Spitze zu platzieren.»

Versuchskaninchen auf der Massagebank
Seit Jahren fordert Thomas Litscher seinem Körper alles ab, um seinen Traum vom Profisport zu leben. «Sobald du nicht mehr bereit bist, an deine Grenze zu gehen, musst du aufhören. Die Weltspitze ist so dicht, dass du dich stets am Limit bewegen musst.» Eine entscheidende Rolle nimmt deshalb neben dem Training auch die Regeneration ein. Dafür kommt der Thaler zweimal die Woche nach Herisau, um sich von Thorsten Krawanja massieren zu lassen. «Obwohl sie eine wahnsinnige Belastung aushält, ist die Muskulatur geschmeidig. Da merkst du als Masseur, dass neben dem Sport noch viel mehr läuft», erklärt der Leiter Gesundheit des Sportzentrums. «Das beginnt beim Schlaf, geht über die Ernährung und endet beim Dehnen. Wenn ich sehe, was er neben der Trainingseinheit für seinen Körper tut und wie wenig er trotz der Belastung verletzt ist, verdeutlicht das, wie wichtig dieses Rundherum ist. Wenn Breitensportler mehr Zeit für ihre Regeneration aufwenden würden, hätten auch sie wohl weniger muskuläre Probleme.»

«Wenn ich in die Massage gehe, bedeutet das nicht, dass ich mich da eine Stunde wohlfühle», sagt Thomas Litscher. «Meine Muskeln schmerzen bei der Massage mehr als nach dem Training auf dem Bike. Aber ich brauche diese tiefe, harte Massage, damit sich die verhärtete Muskulatur löst und entspannt.» Da sich die beiden seit vielen Jahren kennen, sind sie ein eingespieltes Team. «Thorsten kennt meine muskulären Probleme, da sie oft ähnlich sind.» Und der Masseur ergänzt: «Und Thomas wiederum kennt seinen Körper und seine Bedürfnisse. Durch diese Erfahrung kann er mir präzise sagen, was er von mir erwartet. Das erleichtert meine Aufgabe, weil ich nicht lange nach dem Problem suchen muss.» Einen Unterschied in der Behandlung zwischen Profi- und Breitensportler stellt Krawanja nicht fest. «Was bei einem Leistungssportler funktioniert, lässt sich auch bei allen anderen anwenden. Ich kann bei Thomas als Versuchskaninchen sogar eher mal etwas Neues austesten.»

Konkurrenz aus den eigenen Reihen
Derzeit trainiert Thomas Litscher für die anstehende Weltcupsaison. «Die ersten kleineren Rennen fanden bereits im Februar statt. Der Weltcup beginnt im April, daher dienen mir diese Wettkämpfe als Vorbereitung. Wo ich wirklich stehe, weiss ich erst nach dem ersten Weltcuprennen.» Gerade im Schweizer Team ist die Konkurrenz mit den Dauerbrennern Nino Schurter und Mathias Flückiger gross. «Wäre ich in Deutschland oder Österreich geboren, hätte ich wahrscheinlich schon an mehreren Olympischen Spielen teilgenommen.» Aber vielleicht habe er nur dank dieser grossen Konkurrenz überhaupt ein solch hohes Niveau erreicht. «In dieser Saison möchte ich auf jeden Fall wieder Platzierungen in den Top 10 holen. Vielleicht liegt sogar ein Podestplatz drin, wenn alles zusammenpasst.»

Eine Publikation der Gemeinde Herisau.

Weitere Artikel

Schreibe einen Kommentar