Den Optimismus nicht verlieren

Die Stiftung Sonneblick lud zum 91. Jahresfest. In der Kirche Walzenhausen sprachen Pfarrer Bernhard Rothen und Gordana Gessner, Leiterin des Asylzentrums Sonneblick zu Flüchtlingsthemen. Der Anlass stand im Zeichen des Gedenkens des vor 75 Jahren verstorbenen Jakob Künzler, dem «Vater der Armenier».

  • Austausch der Festbesucherinnen und Festbesucher nach dem Gottesdienst auf dem Kirchplatz unter der Linde. (Bilder: zVg.)

    Austausch der Festbesucherinnen und Festbesucher nach dem Gottesdienst auf dem Kirchplatz unter der Linde. (Bilder: zVg.)

  • Das Trio Arpiné gab dem Jahresfest der Stiftung Sonneblick mit dem Vortragen von armenischer Musik den passenden Rahmen.

    Das Trio Arpiné gab dem Jahresfest der Stiftung Sonneblick mit dem Vortragen von armenischer Musik den passenden Rahmen.

Das Jahresfest der Stiftung Sonneblick ist seit 1933 ein fester Bestandteil im Terminkalender. Seit 27 Jahren wird es mit dem nationalen Flüchtlingssonntag der Kirchen kombiniert. So feierte die Bevölkerung am vergangenen Sonntag zusammen mit Stiftungsräten, Vertretern von kirchlichen Institutionen und Sympathisanten des «Sonneblicks» in der reformierten Kirche von Walzenhausen einen Gottesdienst. Geleitet wurde er von Bernhard Rothen. Der ehemalige Pfarrer von Hundwil gilt als grosser Kenner des Lebens und Wirkens von Jakob Künzler (1871–1949). Für den musikalischen Rahmen sorgte das Trio Arpiné mit armenischen Klängen: Marta Casulleras (Klavier), Shant Eskenian (Geige) und Tamar Eskenian (Dudak und Querflöte). Marin Küssner spielte die Orgel.

Lebenslange Schaffenskraft für Gerechtigkeit

In Erinnerung an den Krankenpfleger und Missionar Jakob Künzler richtete Bernhard Rothen während des Gottesdienstes den Blick mehrmals zurück auf die Jahre des Ersten Weltkriegs, als sich Jakob Künzler gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth für die in der heutigen Türkei verfolgten Armenier einsetzte und Tausende von ihnen vor dem Tod rettete. Jakob Künzler arbeitete in Urfa im Missionsspital. Mit Fortdauer des Kriegs wurde das Zusammenleben von Christen und Nichtchristen immer schwieriger, vor allem für die Armenier. Das Ehepaar Künzler unterstützte sie mit allen Kräften. Die Ungerechtigkeiten des Kriegs und die Ängste der Bevölkerung bekam Jakob Künzler hautnah mit. «Mehr und mehr musste er sich von Illusionen verabschieden und drohte gar, den Optimismus zu verlieren», sagte Bernhard Roten zu Künzlers damaliger Gemütslage. Trotz allem konnte er sich aber den Glauben und die Hoffnung erhalten – und setzte sich in lebenslanger Schaffenskraft für Gerechtigkeit ein.

Zum aktuellen Konflikt im mehrheitlich von Armeniern bewohnten Bergkarabach hielt sich Bernhard Rothen eher bedeckt: Da sei er kein Experte, sagte er. Das Grundübel sehe er aber in der Verfassung bzw. im Friedensvertrag, in dem die Armenier nicht vorkommen. «In Bergkarabach geschieht grosses Unrecht, und es ist zu befürchten, dass sich dieses Unrecht nicht mehr gutmachen lässt», sagt Bernhard Rothen. Selbst habe er diesbezüglich den Optimismus verloren.

Auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen

Optimistisch stimmte hingegen der Wortbeitrag von Gordana Gessner, mit dem die Zentrumsleiterin Einblick in den Alltag des Asylzentrums Sonneblick gab. Ihr Fokus richtete sich auf die zwanzig Kinder, die hier eine vorübergehende Heimat haben. Die Bedürfnisse der kleinen Bewohnenden aufzunehmen, sei eines der aktuellen Schwerpunktthemen, betonte Gordana Gessner. Sie sprach von den psychisch belastenden Situationen der Eltern, die auch auf die Kinder abstrahlen. Dass die Kinder auch einmal nur Kinder sein dürfen, daran arbeite sie mit ihrem Team. Beispiele dafür sind unter anderem Chicken Nuggets und Pommes frites auf dem Menüplan oder Ausflüge in ein Spielparadies.

Nach dem Gottesdienst und den Wortbeiträgen in der Kirche trafen sich die Besucherinnen und Besucher auf dem Kirchplatz unter der Linde zum Austausch. Das Restaurant/Bäckerei Meyerhans sorgte für Speis und Trank.

Weitere Artikel

Schreibe einen Kommentar