Wildcampen im Alpstein erhitzt die Gemüter

Am Montag folgten im Anschluss an die Delegiertenversammlung des Naturverbunds Appenzell Innerrhoden über 30 Personen der Einladung zu einem Podiumsgespräch über die Ausrichtung des Tourismus in Innerrhoden. Dabei wurden auch kritische Stimmen über gewisse Entwicklungen laut.

  • Von links: Gesprächsleiter Ruedi Angehrn, Emil Koller, Verwaltungsratspräsident Kastenbahn, Sepp Manser, Präsident Appenzellerland Tourismus AI, Mila Yong, Geschäftsführerin WWF Appenzell, und Franziska Grossenbacher, stellvertretende Geschäftsführerin Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. (Bild: zVg)

    Von links: Gesprächsleiter Ruedi Angehrn, Emil Koller, Verwaltungsratspräsident Kastenbahn, Sepp Manser, Präsident Appenzellerland Tourismus AI, Mila Yong, Geschäftsführerin WWF Appenzell, und Franziska Grossenbacher, stellvertretende Geschäftsführerin Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. (Bild: zVg)

Ein Grundsatzreferat von Franziska Grossenbacher, der Vize-Geschäftsführerin der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, stellte die neue Strategie des Bundes und Tendenzen im globalen Tourismus vor. Die Überschrift «Landschaft und Baukultur als touristisches Kapital» fasste die Kernbotschaft für die Schweiz zusammen. Der Bund strebt eine gemeinsame, integrative Entwicklung von Landwirtschaft, Baukultur und Tourismus an. Es sei ein Mythos, dass mit Landschaft kein Geld zu verdienen sei. Der Ökotourismus sei nicht mehr nur eine Nische. Die Referentin stellte als Beispiel für die Umsetzung eines integrativen Konzepts das Toggenburg vor, speziell die Destination Chäserrugg. Diese wurde denn auch zur «Landschaft des Jahres 2021» erkoren – genauso wie übrigens die Innerrhoder Streusiedlung 2015.

Innerrhoder Strategie in der Kritik

Anlass für die Thematisierung des Tourismus in einer Podiumsdiskussion war der Strategiebericht der Innerrhoder Regierung. Dieser wurde im Grossen Rat zum Teil scharf kritisiert. Der Bericht war nur mit den Interessenvertretungen des Tourismus erarbeitet worden; die Bevölkerung, aber auch die Naturschutzorganisationen hatte man nicht einbezogen. Ein anderer Punkt, der beanstandet wurde: Das Wort «Umwelt» ist kaum zu lesen, dafür x-mal ein Bezug zur Bedeutung für die Wirtschaft.

Am Diskussionstisch im Hotel Hecht fanden sich neben zwei Exponenten des Tourismus auch zwei Vertreterinnen von Umwelt und Landschaft ein. Gesprächsleiter Ruedi Angehrn, Präsident des Naturverbunds, konfrontierte sie mit zahlreichen kritischen Fragen und führte souverän durch den Abend. Mila Yong, Geschäftsführerin des WWF Appenzell, fragte sich angesichts des Strategiepapiers, wer die Natur verteidigt. Sie bedauert, dass die Umweltverbände nicht einbezogen worden sind.

Sepp Manser, Präsident von Appenzellerland Tourismus AI, stützte das Tourismuskonzept. Dieses bewege sich auf einer anderen Flughöhe, als vielerorts verstanden werde. Es gehe bei den Aussagen für ein Parkhaus und drei weitere Hotels um die Ortsplanung und um allfällige Bedürfnisse in einem Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren. Bei den angesprochenen massiv gestiegenen Helikopter-Flügen (insbesondere Gourmetflügen) unter 1100 Metern verwies er auf die unternehmerische Freiheit. Seitens des Tourismus wolle man dies aber klar nicht. Betreffs der mangelhaften Kontrolle über das wilde Zelten und das Drohnenverbot im Alpstein wies Sepp Manser darauf hin, dass dafür die Polizei zuständig sei. Bergwirte hätten diesbezüglich keine Befugnisse.

Die Rolle der sozialen Medien

Emil Koller konnte seine Erfahrungen als Verwaltungsratspräsident der Kastenbahn einbringen. Man strebe heute an, die Spitzen zu brechen und damit die Tourismusströme so zu regeln, was jedoch ein langer Prozess sei. Qualität stehe vor Quantität. In diesem Licht sieht er auch den Ausstieg aus GA und Halbtax; dieser erfolge sehr wohl überlegt.  Steuerung soll über den Preis erfolgen.

Gewisse problematische Verhaltensweisen des Einzelnen seien jedoch sehr schwierig zu beeinflussen. Oft hätten sie mit fehlendem minimalen Respekt und Anstand zu tun. Besonders die sozialen Medien mit ihrer blitzschnellen Informationsverbreitung spielen offenbar eine fatale Rolle mit unvorhersehbaren Folgen. Vieles sei trotz aller Appelle, Empfehlungen, Regeln und Vorschriften nicht in den Griff zu bekommen. Es gehe nur mit ständiger Sensibilisierung, was auch der Tourismus-Präsident unterstrich.

Lebhafte Diskussion

Gesprächsleiter Ruedi Angehrn stellte fest, dass das Wildcampen ein echtes Problem für die Alpwirtschaft ist. Die Fragen an die Exponenten auf dem Podium wurden hierauf ergänzt durch spontane Wortmeldungen aus dem Publikum. So wurde das wilde Zelten, etwa auf der Saxerlücke, moniert. Man müsse damit schlicht «abfahre». Sepp Manser beklagte fehlenden Vollzug und verwies an den Landesfähnrich beziehungsweise die Polizei.

Franziska Grossenbacher erinnerte daran, dass die Trends für neue Sportarten im Gebirge nun einmal da seien. Es gehe darum, sie in geordnete Bahnen zu lenken. Mila Yong vom WWF anerkannte gewisse neue Bedürfnisse wie das Biken. Unterschiedliche Ansprüche zwischen Bikern und Wanderern würden eine Lösung nicht einfacher machen. Leider seien die Umweltverbände bei der Planung oft aussen vor geblieben, sodass sie nachträglich darauf reagieren müssten. Dabei hätten durchaus schon vorher einvernehmliche Lösungen gesucht und gefunden werden können. Diskutiert wurde auch rege zur Frage der Verkehrssteuerung und zur Erwähnung eines Parkhauses im Strategiepapier. Ruedi Angehrn warf die Idee eines oder mehrerer «Ranger» in die Runde. Schon die Existenz eines solchen könnte präventiv wirken. Die Erfolge damit in grösseren Naturpärken seien ausgewiesen. Aus dem Publikum kamen viele Fragen, aber auch einige kritische Bemerkungen zur heutigen Tourismusentwicklung.

Mit einem Dank an das interessierte Publikum, die Podiumsteilnehmer und die Referentin schloss der Versammlungsleiter den Anlass.

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