Verbandsbeschwerde gegen Hirschjagd

Seit über zehn Jahren werden im Eidgenössischen Jagdbanngebiet Säntis auf Innerrhoder Seite Hirsche gejagt. Dies obwohl in Jagdbanngebieten nur in Ausnahmefällen gejagt werden darf. Die derart praktizierte Hirschregulierung ist aus Sicht von Pro Natura und WWF bundesrechtswidrig. Die Umweltverbände fechten deshalb die diesjährige Verfügung zur Bestandesregulierung im Jagdbanngebiet an.

  • Der Rothirsch hat sich im Jagdbanngebiet Säntis ausgebreitet. (Bild: Pro Natura, Eric Dragesco)

    Der Rothirsch hat sich im Jagdbanngebiet Säntis ausgebreitet. (Bild: Pro Natura, Eric Dragesco)

Der Wald im Eidgenössischen Jagdbanngebiet Säntis und dem angrenzenden Weissbachtal steht unter Druck. Er verjüngt sich nicht mehr in genügendem Mass. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einerseits lässt der lang verfolgte, unnatürliche Waldbau mit viel zu dichter und dunkler Fichtenbestockung kaum natürliche Verjüngung zu und bietet einen unzureichenden Lebensraum für Wildtiere. Andererseits ist die Rothirschpopulation gewachsen und die damit verbundenen Schäden an Bäumen haben zugenommen. Die landwirtschaftliche Sömmerung im Jagdbanngebiet führe zu einem geringeren Nahrungsangebot für den Rothirsch in Offenflächen und die Freizeitnutzung treibe die Hirsche zusätzlich vom Offenland in den Wald, schreiben Pro Natura und WWF in einer Mitteilung vom 11. August. Diese Zusammenhänge habe auch der Kanton Appenzell Innerrhoden erkannt und 2017 das Konzept «Wald und Hirsch» erarbeitet. Darin sind Massnahmen in den Bereichen Jagd, Forst, Landwirtschaft, Freizeitnutzung und Kommunikation vorgesehen. Die Massnahmen würden jedoch nur unzureichend umgesetzt, so das Comuniqué weiter. Während die jagdlichen Massnahmen seit 2017 realisiert werden – inklusive schwerpunktmässiger Bejagung im Jagdbanngebiet Säntis – seien die Massnahmen im Bereich Wald erst seit zwei Jahren intensiviert worden. In den Bereichen Landwirtschaft und Tourismus hapere die Umsetzung. «So hat die Landsgemeinde die Schaffung der dringend notwendigen Wildruhezonen diesen Frühling abgelehnt und die Standeskommission hat beschlossen, die Alpbewirtschaftung im Jagdbanngebiet nicht an das tatsächliche Äsungsangebot anzupassen. Stattdessen sollen laut der Standeskommission ‹im Jagdbanngebiet genügend Hirsche geschossen werden›», schreiben die Umweltverbände weiter.
Das Eidgenössische Jagdbanngebiet Säntis ist ein integral geschütztes Gebiet, in dem gemäss Jagdbanngebietsverordnung nur in Ausnahmefällen Regulierungsmassnahmen angeordnet werden dürfen. Der Kanton Appenzell Innerrhoden stelle aber seit über zehn Jahren Ausnahmebewilligungen für die Bejagung der Rothirschpopulation aus. Es bestehe kein strategisches Ziel und keine zielgerichtete Planung, die darauf abziele, kurz- oder auch erst mittelfristig die Jagd im Jagdbanngebiet wieder einzustellen. Ganz im Gegenteil werde die Jagd im Jagdbanngebiet als die entscheidende Massnahme verkauft, um der Wald-Hirsch-Problematik im Kanton Herr zu werden. Dies, obwohl eine Bestandesregulierung in einem Jagdbanngebiet die letzte Massnahme sein müsste. Pro Natura und WWF haben sich daher dazu entschlossen, die Verfügung zur Bejagung im Eidgenössischen Jagdbanngebiet für den Jagdwinter 2022/23 rechtlich anzufechten.

«Die Umweltverbände bedauern sehr, dass sie nach so vielen Jahren des Entgegenkommens nun erstmals von ihrem Verbandsbeschwerderecht Gebrauch machen müssen», schreiben Pro Natura und WWF in ihrer Mitteilung. Es sei aus ihrer Sicht aber das einzige Mittel, um den Schutz des Lebensraums und die gesetzlich geforderte Erhöhung der Lebensraumqualität im Jagdbanngebiet Säntis durchzusetzen.

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