Bibliothek, Gemeinde und beide Landeskirchgemeinden von Walzenhausen luden zur Autorinnenlesung von Agnes Hirschi, der Stieftochter von Carl Lutz, ein. Michael Weber, Präsident des Vereins Bibliothek begrüsste in der evangelischen Kirche eine stattliche Anzahl von Zuhörenden und stellte das Buch betreffend erschreckende Parallelen zur heutigen Zeit fest. Carl Lutz habe als Christ und praktizierender Methodist die Nächstenliebe gelebt.
Nächstenliebe tagtäglich gelebt
Gemeindepräsident Michael Litscher führte aus, dass das Buch „Unter Schweizer Schutz“ einen Beitrag leiste, dass das Vermächtnis, welches mit Carl Lutz verbunden sei, nicht vergessen gehe. Der Einsatz und das Verhalten von Carl Lutz erfülle mit Respekt und Ehrfurcht. Hansjörg Ritter vom Wanderweg „Friedens-Stationen“ erklärte, dass nach dem tagtäglichen gefährlichen Einsatz von Carl Lutz in Budapest ihn die offizielle Schweiz bei seiner Rückkehr gar rügte. Nur dank des grossen Engagements von Stieftochter Agens Hirschi sei der Schweizer Diplomat rehabilitiert worden und werde heute sehr wertgeschätzt.
Hirschi sammelte eindrückliche Geschichten
Agnes Hirschi blickte zurück in das Leben von Carl Lutz vor Budapest. Geboren in Walzenhausen, Studium in den USA, die Arbeit dort bei der Schweizer Gesandtschaft und der Diplomatische Dienst in Palästina waren nur einige Stationen, die den gläubigen Methodisten prägten. Dann kam Budapest und die Deportationen jüdischer Menschen. Ziel von Carl Lutz wurde es, möglichst viele Leben zu retten. Das tat er mit fast übermenschlichen Kräften und der Empfang nach dem Krieg der offiziellen Schweiz war wie bereits von Ritter erwähnt, nicht so, wie er sich dies vorgestellt hatte. Damit begann das Engagement von Agens Hirschi. Sie kämpfte für seine Rehabilitation und sammelte Fakten. Aus diesen Gesprächen mit Geretteten oder deren Angehhörigen ist ein eindrückliches Buch entstanden.
Erinnerungen, Porträts, Gespräche
Journalistin Agnes Hirschi und Mitautorin Charlotte Schallié ist es gelungen, mittels Berichten von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen das Ausmass der humanitären Hilfe von Carl Lutz zu beschreiben. Unterteilt ist das Buch in Erinnerungen aus der Widerstandsbewegung, Porträts von Überlebenden, Gespräche mit Überlebenden, Schriftliche Selbstzeugnisse von Überlebenden, Hommagen und Briefe von Überlebenden an Carl Lutz sowie dem Anhang mit Zeittafel und dem Dank an die vielen am Buch beteiligten.
Beispiel dafür was möglich ist
Mehr als eine Stunde las Agnes Hirschi Sequenzen aus den 35 Interviews vor, untermalt von Lichtbildern. Sie wurde nicht müde, von den unglaublichen Verhältnissen in dieser dunklen Zeit zu berichten. Vieles hatte sie als kleines Mädchen ja selber miterlebt. Die Rede war nicht nur von Bombardierungen, Flucht, Deportation sondern auch von Todesmärschen, Massenhinrichtungen, Unterernährung, verhungernden und erfrorenen Menschen. Die Besucher der Autorinnenlesung sassen in der evangelischen Kirche von Walzenhausen, geschützt, wohlgenährt und mit der Jahreszeit entsprechenden Kleidern versorgt. Doch nur drei Ländergrenzen weiter wiederholt sich zur selben Zeit wie Agens Hirschi in Walzenhausen las, das Gleiche wie vor 76 Jahren.