SGV-Chef mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert

Der designierte Gewerbeverband-Direktor Henrique Schneider ist mit schweren Plagiatsvorwürfen konfrontiert worden. Zudem soll er zwei Professuren vorgetäuscht und somit unter anderem seinen Lebenslauf geschönt haben. Schneider weist die Vorwürfe zurück.

  • Henrique Schneider.  (Bild: a24-Archiv/zVg)

    Henrique Schneider. (Bild: a24-Archiv/zVg)

Wie Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen, sollen in den Autorenangaben zu Schneiders Publikationen akademische Titel oder Verweise auf Studien stehen, die nicht zutreffend seien. Die Zeitung basierte sich unter anderem auf ein in Auftrag gegebenes Gutachten des österreichischen Plagiatforschers Stefan Weber. Dieser schreibt auf seiner Website, Schneider stehe im Verdacht, seit mindestens zehn Jahren in seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen systematisch plagiiert zu haben und zwei Professuren vorgetäuscht zu haben.

Schneider: «Diffuse Vorwürfe» der «NZZ am Sonntag»

Henrique Schneider wies am Sonntag alle Vorwürfe zurück. Er führe keine akademischen Titel und interveniere, wenn immer er merke, dass solche Titel und Funktionsbeschreibungen mit ihm in Verbindung gebracht würden, teilte er der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.

Bezüglich der Plagiatsvorwürfe sagte er, dass er seine Texte «nach bestem Sorgfaltsmass und unter Angaben der verwendeten Literatur und Zitierstellen» verfasse. «Nach meinem Dafürhalten möchte ich ausschliessen, dass es in diesen Publikationen zu Plagiaten kommt oder gekommen ist», so Schneider. Die Texte hätten Peer Reviews überstanden und einen Redaktionsprozess, der die Originalität des Textes überprüfe.

Die Vorwürfe der «NZZ am Sonntag» halte er für diffus. Insbesondere werde im längeren Artikel nicht unterschieden zwischen dem, was er über sich sage und dem, was andere über ihn sagten. Er werde sich aber natürlich mit dem Bericht des Gutachters befassen. Dieses liege nun bei ihm vor und er werde die einzelnen Vorwürfe überprüfen, so Schneider. Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar.

65 Textplagiate und zwei Titelmissbräuche

Plagiatsforscher Weber dokumentierte insgesamt 65 Textplagiate inzehn wissenschaftlichen und journalistischen Veröffentlichungen von Schneider. Er habe zum Teil absatzlange Plagiatsfragmente gefunden, schreibt Weber in dem Gutachten. Quellen der Plagiate seien unter anderem Wikipedia, die Stanford Encyclopedia of Philosophy und eine in Luzern eingereichte Diplomarbeit.

In den Autorenangaben diverser Veröffentlichungen Schneiders stellte der Gutachter zudem zweifachen Titelmissbrauch fest. Entgegen seinerAngaben aus den Jahren 2011 und 2015 sei Schneider nie Professor an der Universität Wien und nie Professor an der Universität Graz gewesen.

Für den Gutachter ist «befremdlich bis unbegreiflich», dass die falschen Titel trotz Peer Review in Fachzeitschriften niemandem aufgefallen sind. Ebenso unbegreiflich sei, dass die Plagiate selbst renommierte Verlagshäuser nicht entdeckt hätten.

Henrique Schneider soll am 1. Juli die Nachfolge von Hans-Ulrich Bigler an der Spitze des SGV antreten. Der 45-Jährige ist seit 2010 für den SGV tätig, seit 2015 leitet er als stellvertretender Direktor die Ressorts Wirtschaftspolitik und Nachhaltigkeit.

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