Das Interesse war gross am Fall Schwester Maria Scolastica gegen den Verein Kloster Maria Rosengarten Wonnenstein. Rund 20 Personen verfolgten die öffentliche Verhandlung am Bezirksgericht Appenzell. Grund für die Klage: Schwester Scolastica, einzige noch verbleibende Schwester im Kloster, möchte ihr Vermögen von 55’000 Franken wieder selbst verwalten. Sie trat 1964 mit 19 Jahren ins Kloster Wonnenstein ein und gab ihr Vermögen der Mutter Oberin zur Verwaltung. Damals lebten noch mehrere Kapuzinerinnen im Kloster.
2014 wurde das Kloster säkularisiert und wird nun vom Verein Kloster Maria Rosengarten Wonnenstein geführt. Bei der Umwandlung in einen Verein waren die Schwestern anwesend und sie wurden auch Vereinsmitglieder. Doch mittlerweile stellen die Altherren der Studentenverbindung Bodania die Mehrheit der Vereinsmitglieder. 2022 forderte der Verein die Kapuzinerin auf, sich einer neuen Gemeinschaft anzuschliessen, da sie allein keine Gemeinschaft im klösterlichen Sinn mehr bilde. Besorgt um ihre Zukunft, und weil sie den Bodanern nicht mehr traut, möchte sie ihr Geld selbst wieder verwalten.
Klage abgewiesen
Das Bezirksgericht wies die Klage ab und entschied, dass auf das Rechenschaftsbegehren nicht eingetreten werde. Bezirksgerichtspräsident Marco Seydel sagte, dass kirchliches Recht nicht angewendet würde, argumentierte jedoch in seiner Begründung mit Zitaten aus dem kirchlichen Recht. Er kam zum Schluss, dass im betreffenden Fall kein Vermögensverwaltungsvertrag vorliege, wie von der Klägerin geltend gemacht, sondern eine Nutzniessung. «Als Sie ins Kloster eintraten, haben Sie ihre ganze Tätigkeit in den Dienst des Klosters gestellt. Das Geld ist davon nur ein Aspekt», sagte er zur Klägerin. Ein zentraler Aspekt des kirchlichen Rechts sehe vor, dass sich die Klosterfrau nicht um ihr Geld kümmere, es sei verwahrt, bis sie austrete. Dieser Aspekt verliere seine Rechtsposition im weltlichen Recht nicht. Deshalb sei nicht von einer übermässigen Bindung auszugehen.
Schwester Scolastica wird verpflichtet dem Beklagten die von ihr bezogenen AHV-Renten von März 2022 bis Februar 2024 zu bezahlen, was 29’100 Franken entspricht. Auch künftige Renten muss sie dem Verein überweisen. Normalerweise müsste die unterliegende Partei die gesamten Gerichtskosten und die Anwaltkosten der Gegnerpartei bezahlen. Da hier ein wirtschaftliches Ungleichgewicht herrscht, werden diese Kosten je zur Hälfte auf die Parteien aufgeteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Weiterzug noch offen
Für Michael Hochstrasser ist die Begründung nicht verständlich. «Schwester Scolastica gab ihr Vermögen in die Verwaltung des Klosters, als es noch von Kapuzinerinnen geführt wurde. Dass der Verzicht auch gelten soll, wenn es von Altherren einer Studentenverbindung geführt wird, verstehe ich nicht.» Und Schwester Scolastica ergänzt: «Ich hätte bestimmen müssen, wer die Nutzniessung des Geldes hat, doch das ist nie geschehen.»
Ob er das Urteil anfechtet, müsse er in Ruhe mit seiner Mandantin besprechen, sagt der Anwalt. Doch Schwester Scolastica wirkt zuversichtlich: «Das war noch nicht die letzte Verhandlung.»