Erstmals erfolgten die Aufnahmen für den Livestream aus dem Kantonsratssaal in Herisau mit vier fixen Kameras. «Sie richten sich automatisch auf jene Personen, deren Mikrofon eingeschaltet ist», sagte Ratspräsident Hannes Friedli. 61 Mitglieder nahmen an der Sitzung des Montagvormittages (18. März 2024) teil.
Das am intensivsten besprochene Traktandum war die komplexe Teilrevision des Gesetzes über die Pensionskasse. Von einem «wichtigen Kompromiss» und von der Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen sprach Regierungsrat Hansueli Reutegger als Vorsteher des Departementes Finanzen in der ersten Lesung. «Wir können das Problem vor uns herschieben oder lösen». Als Sprecher der Kommission Finanzen sagte Balz Ruprecht (Herisau), dass diese die Einführung eines nicht paritätischen Beitragsplanes in der Standardversicherung unterstütze (finanziert zu 40 Prozent von Arbeitnehmenden und zu 60 Prozent von Arbeitgebenden). Für die FDP-Fraktion trug Daniel Bühler (Speicher) einen Rückweisungsantrag vor; aufgrund der Voten zog er diesen aber zurück. Die Debatte zog sich bis weit in den Nachmittag hinein.
Belinda Bischof einstimmig gewählt
Zuvor hatte der Rat bei den Schlichtungsbehörden eine Ersatzwahl für den Rest der Amtsdauer 2023–2027 vorzunehmen. Manuela Mutti hatte ihren Rücktritt aus der Schlichtungsstelle für Miete und nichtlandwirtschaftliche Pacht sowie aus der Schlichtungsstelle bei Diskriminierung im Erwerbsleben eingereicht. Letztere ist trotzdem noch ausreichend besetzt, wie die Kommission Inneres und Sicherheit in ihrem Bericht festhält. Für die Ersatzwahl in der Schlichtungsstelle für Miete und nichtlandwirtschaftliche Pacht hatte der Hauseigentümerverband Belinda Bischof (Teufen) vorgeschlagen. Sie wurde vom Kantonsrat am Montag einstimmig gewählt. Mit der Spielerin des FC Bühler, die ihre Wahl auf der Medientribüne mitverfolgte, ist nun eine zweite Fussballerin Mitglied der Schlichtungsbehörden: Die aus Appenzell stammende Juristin Adriana Hörler (Herisau) gehört nämlich als Arbeitnehmende-Vertretung der Schlichtungsstelle bei Diskriminierung im Erwerbsleben an.
Ablehnende Haltung
Als erstes Geschäft zu Wortmeldungen geführt hatte die Kantonale Volksinitiative «Kein Zwang gegen Kinder und Jugendliche»: Das Gesetz, das die Bildung und Erziehung in der Volksschule regelt, soll gemäss Initiative ergänzt werden. «Massnahmen, die Kinder und Jugendliche betreffen, wie das Tragen von Masken, Impfungen, Testen, dürfen nicht propagiert werden.» Eine fehlende Zustimmung der Erziehungsberechtigten dürfe zu keinen Benachteiligungen führen, heisst es im Text. Die Mehrheit der Fraktionen bewerteten die Initiative in der ersten Lesung als nicht zielführend, kaum umsetzbar und falsche Erwartungen weckend. Jens Weber (SP, Trogen) warf die Frage auf: «Verstösst der Text allenfalls gegen die Vorgaben auf Bundesebene?»
Ratsschreiber Roger Nobs und Landammann Yves Noël Balmer (Vorsteher Departement Gesundheit und Soziales) verneinten dies und sprachen von einem Handlungsspielraum. Max Slongo (Herisau) stellte im Namen der SVP einen Rückweisungsantrag mit dem Auftrag, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten. Dieser wurde mit 7:54 Stimmen abgelehnt. Der Kantonsrat folgte mit sehr grossem Mehr der Empfehlung der vorbereitenden Kommission und des Regierungsrates: Die Initiative wurde als gültig erklärt, wird aber dem Stimmvolk im ablehnenden Sinn unterbreitet.