Bundesgericht schreibt Gleichbehandlung im Unrecht vor

Gilt bei Bauten in den Quartieren der Quartierplan oder die Regelbauweise?

Lässt die Baubehörde bei der Bewilligung von Bauprojekten in einem Quartierplangebiet über längere Zeit die Vorschriften des Quartierplans über die Ausnützung bewusst ausser Acht, kann in Ausnahmefällen bei späteren Überbauungsprojekten im Quartierplangebiet den Bauwilligen ein Anspruch auf Nichtanwendung der Ausnützungsvorgaben des Quartierplans erwachsen.
In den vor mehreren Jahren erteilten Baubewilligungen für Einfamilienhäuser im selben Quartierplangebiet hatte die damalige Baubehörde die Ausnützung der Parzelle nicht nach den Vorgaben des Quartierplans, sondern nach der Regelbauweise beurteilt. Derzeit soll die letzte Parzelle im Quartierplangebiet überbaut werden. Die geplante Ausnützung liegt über den Möglichkeiten gemäss Quartierplan, aber innerhalb der Ausnützungsziffer von 0.5, welche die Regelbauweise zulässt. Im Rekursverfahren war im Wesentlichen zu entscheiden, ob die geplante Ausnützung zu erlauben ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts geht der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung in der Regel der Rücksicht auf eine gleichmässige Rechtsanwendung vor. Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Das Bundesgericht anerkennt jedoch ausnahmsweise den Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Dies ist dann der Fall, wenn eine ständige rechtswidrige Praxis einer rechtsanwendenden Behörde vorliegt, wenn die Behörde kundtut, dass sie auch künftig nicht von dieser Praxis abweichen will und wenn weder gewichtige öffentliche Interessen noch ein berechtigtes Interesse einer oder eines privaten Dritten an einer gesetzmässigen Rechtsanwendung entgegenstehen. Die Standeskommission hat alle drei Voraussetzungen für einen ausnahmsweisen Anspruch des Bauwilligen auf Gleichbehandlung im Unrecht für erfüllt erachtet. Insbesondere wurde festgestellt, dass die Eigentümerschaften der bisher bewilligten Bauprojekte kein Interesse an einer tieferen Ausnützung haben, weil sie selber für sich eine Ausnützung von 0.5 beansprucht haben. Auch das Bestehen eines erheblichen öffentlichen Interesses wurde verneint, weil die geplante Wohnfläche im Rahmen der Ausnützungsziffer gemäss Regelbauweise lag.

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