Zum letzten Mal schritt in der Mehrzweckhalle Schlatt-Haslen Ratschreiber Markus Dörig an das Rednerpult eines Bezirks, um einen Jungbürgerjahrgang zu begrüssen. Dass mit «mindestens 88 von 150 Geladenen» gut 59 Prozent des Jahrgangs an der Jungbürgerfeier teilnahm, freute ihn: mehr als im Vorjahr.
«Nehmen Sie Ihre Rechte wahr!»
«Markus Dörig macht das nun so lange, wie Sie auf der Welt sind», erklärte Landammann Roland Inauen in seiner 20-minütigen Ansprache. Gleich zu Beginn sprach er allen seine Glückwünsche zum 18. Geburtstag aus, dem Geburtstag, «auf den man besonders planget». Die Pflichten würden noch früh genug kommen, darum wünschte sich der Landammann, auch dieser Jahrgang werde seine Rechte nicht nur an der Landsgemeinde, sondern auch an den Bezirks-, Schul- sowie an den Kirchgemeinden wahrnehmen.
«Ihre Geburt ist bestimmt das Wichtigste, das sich im eher ereignisarmen Jahr 2006 begeben hat.» Erwähnenswert seien allenfalls die bis heute ungeklärte Entführung des Hundwiler Blochs auf den Appenzeller Landsgemeindeplatz neben der Winterolympiade in Turin und der Wahl von Bischof Markus Büchel. Auch hier schliesst sich mit seinem Rücktritt ein Kreis.
Schwingfest und Belle Epoque
«Wer von Ihnen war in keiner Form am Schwingfest beteiligt?» Nur sieben Hände heben sich. «Behalten Sie in Erinnerung, welch grossartige Freude eine Gemeinschaft auf die Beine stellen kann, wenn sie zusammensteht und anpackt», schärfte Inauen der versammelten Jugend ein.
«Das Wichtigste an Haslen ist seine Kirche», kam dann der Landammann auf den Ort der Feier zu sprechen. Obwohl die Wallfahrtskirche mit dem berühmten barocken Gnadenbild 1901 erbaut wurde, trage sie die Züge des ältesten Kirchenbaustils, der Romanik. «Zwischen 1901 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs fand in unserem Land ein unglaublicher Bauboom statt», versuchte er das Interesse der Bauhandwerker unter den Jungbürgern zu wecken. Die Bevölkerung wuchs von 13 500 Einwohnern 1901 auf über 14 650 im Jahr 1914. In diesen Jahren seien vier Kirchen, fünf Schulhäuser, das Armen-, das Krankenhaus, die neue Kanzlei und das Postgebäude in Appenzell gebaut worden. Auch das Elektrizitätswerk in Wasserauen, eine neue Wasserversorgung für Appenzell und zwei Bahnlinien (Appenzell – Gais und Appenzell – Wasserauen) entstanden in der «guten alten Zeit».
Mahnung vor Zeitenwenden
Obwohl die Schweiz in beiden Weltkriegen verschont blieb, warfen diese Appenzell Innerrhoden wirtschaftlich zurück. «Erst 1990 erreichten wir wieder die Bevölkerungszahl von 1914», erinnerte der Historiker und fügte an: «Sie und ich hatten bisher Glück, wir lebten im Frieden und es ging stets aufwärts.» Die Geschichte lehre, dass es nicht immer so sein müsse. Aber gerade darum sei es wichtig, an die schönen Höhepunkte, die man als Gemeinschaft schaffe, zu erinnern, um in einer starken Gemeinschaft auch künftige Krisen zu schultern.
Vereinsgründung im Drehrestaurant
Lebenslang sich kameradschaftlich an gemeinsame Höhepunkte zu erinnern, ist eines Jahrgängervereins Zweck. Nach dem Mittagessen im Drehrestaurant Hoher Kasten wurde der Jahrgängerverein 2006 gegründet. Auf seinem Pullover prangen die Höhenkurven, welche die Innerrhoder Geometer vor über 150 Jahren dem kartographierenden General für seine Dufourkarte verweigert hatten.
Die Jahrgänger 2006, die den Hohen Kasten nicht zu Fuss von Brülisau aus erklommen haben, werden sich dereinst an eines der vier übrigen Angebote des Gründungstages erinnern: eine Yoga-Probelektion, den Führungsbunker der Grenzbrigade 8, die Herstellung von Holzkohle in Haslen oder den Duft der «Werkholz AG».
Die Kosten der «Party» (Roland Inauen) trugen auch heuer je hälftig der Kanton und der Bezirk Schlatt-Haslen.