Vor dem Gericht in Appenzell gab der Angeklagte zu, zahlreiche Waffen und Sprengstoff illegal erworben und auf einer Flucht vor der Polizei mitgeführt zu haben. An gewisse Einzelheiten könne er sich aber nicht mehr erinnern. Ein psychiatrisches Gutachten attestiert dem Mann schwere psychische Störungen.
«Das hätte Schwerverletzte und Tote geben können», sagte der Richter zum Beschuldigten. Dieser zeigt sich wortkarg, bestreitet aber die Vorwürfe nicht und zeigte sich auch in der Untersuchung geständig.
Familienangehörige alarmierten Polizei
Von Wil (SG) machte er sich am 6. Januar 2019 auf den Weg auf eine besondere «Mission». In seinem Fahrzeug führte der heute 29-Jährige «ein kleines Arsenal an Waffen und Munition wie Sturmgewehre, Pistolen und Handgranaten» mit sich, wie die Staatsanwaltschaft in der Anklage festhielt.
Der Angeklagte habe nach eigenen Aussagen eine «Weltrevolution» starten wollen. Vor seiner wilden Fahrt teilte sich der Mann in einem Internetvideo mit, dass er mit einer grob geschätzten Ausrüstung von 50 000 Franken gegen die «Weltregierung» vorgehe. Was genau seine Absicht war, wurde an der Gerichtsverhandlung nicht erläutert. «Er war in seinem Wahn nicht fähig, das Unrecht seines Tuns zu erkennen», erklärte sein Verteidiger vor Gericht. Deshalb könne er für die Verfolgungsfahrt nicht verurteilt werden. Die restlichen Vorwürfe seien aber unbestritten. Er verwies auch darauf, dass keine Waffen zum Einsatz kamen.
Grossfahndung ausgelöst
Nach einem Zwischenstopp im Elternhaus in Appenzell informierten Familienangehörige damals die Polizei. Diese löste eine interkantonale Grossfahndung aus. Schliesslich missachtete der Beschuldigte auf seiner Fahrt durch den Thurgau mehrere Haltezeichen der Polizei. Während ihrer Verfolgung hatten die Beamten beim Beschuldigten Geschwindigkeiten von bis 170 Stundenkilometern ausserorts und 90 Stundenkilometern in einer 50er-Zone gemessen.
Die wilde Fahrt endete schliesslich in Tägerwilen (TG). Erneut missachtete der Beschuldigte dort ein Stopp-Signal der Polizei. Eine über die Strasse ausgelegte Nagelsperre setzte seiner Fahrt jedoch ein Ende.
Entfällt die Haftstrafe?
Dem Mann wurden vor dem Bezirksgericht Appenzell unter anderem mehrfaches Vergehen gegen das Waffengesetz, mehrfache grobe Verletzung der Verkehrsregeln sowie Ladendiebstähle und mehrfache Sachbeschädigungen vorgeworfen. Bei einer Hausdurchsuchung entdeckten die Beamten gemäss Anklageschrift ausserdem Drogen und zwei Videodateien mit tier- beziehungsweise kinderpornografischem Inhalt.
Es sei erschreckend, wie viele Waffen er gehabt habe, sagte der Richter bei der mündlichen Urteilsverkündigung zum Beschuldigten. Man könne froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert sei. Das Gericht verurteilte den Mann wegen Hehlerei – er kaufte gestohlene Waffen der Armee – sowie wegen Verstössen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz zu einer unbedingten Haftstrafe von zwölf Monaten. Diese wird aber zugunsten einer ambulanten Therapie aufgeschoben. Die Delikte wegen Drogen und Pornografie verjährten.
«Sie bekommen die Chance, die psychische Krankheit in den Griff zu bekommen», erklärte der Richter dem Angeklagten. Die angeordnete Therapie werde jährlich überprüft. Falls er sich an die Massnahme halte, zu der auch ein Bewährungshelfer gehört, entfalle die einjährige Freiheitsstrafe. Das Gericht sah bei der Fahrt, die zu einer Flucht vor der Polizei führte, eine Schuldunfähigkeit und begründet damit die angeordnete Therapie. «Sie befanden sich in einer manischen Situation.»
Heute wohnt der Mann im Haus der Familie im Tessin. Er sei arbeitslos und beziehe eine Invalidenrente. Das Gericht verurteilte ihn auch zu einer Geldstrafe und einer Beteiligung an den Untersuchungskosten von mehreren Tausend Franken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.