gemeinde_herisau_logo

Neues Erbrecht: Muss ich jetzt mein Testament neu aufsetzen?

Seit dem 1. Januar gilt in der Schweiz das überarbeitete Erbrecht, das die Aufteilung des Vermögens nach dem Tod neu regelt. Unter anderem kann der Pflichtteil an die direkten Nachkommen reduziert werden. Mathias Schneider vom Erbschaftsamt Herisau beantwortet die wichtigsten Fragen.

  • Das neue Erbrecht bringt Änderungen für Testamente mit sich. (Bild: bigstock)

    Das neue Erbrecht bringt Änderungen für Testamente mit sich. (Bild: bigstock)

Mathias Schneider, seit dem 1. Januar tritt das neue Erbrecht in Kraft. Was hat sich damit verändert?
Die wichtigsten Änderungen sind die Reduktion der Pflichtteile für die Nachkommen von bisher drei Vierteln des gesetzlichen Erbanspruches auf neu die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches sowie die Abschaffung des Pflichtteils für die Eltern. Weiter können sich Ehegatten von gemeinsamen Nachkommen gegenseitig besser mittels Nutzniessung begünstigen, was sinnvoll sein kann, wenn die Ehegatten über Wohneigentum verfügen. Ausserdem kann bereits im Scheidungsverfahren testamentarisch verfügt werden, dass der Noch-Ehegatte kein Erbe mehr erhält.

Welche Vorteile bringen die tieferen Pflichtteile?
Der Erblasserin oder dem Erblasser steht mehr Gestaltungsspielraum offen, wenn bestimmte Personen mehr als gesetzlich vorgesehen oder wenn nebst den pflichtteilsgeschützten Erben weitere Personen
oder Institutionen erben sollen. Auch für Konkubinate können mittels Testament nun eher Lösungen erreicht werden, die den Wünschen der Erblasserin oder des Erblassers entsprechen.

Was bedeuten die Änderungen für Menschen, die bereits ein Testament aufgesetzt haben?
Aufgrund des revidierten Pflichtteilsrechts kann sich bei bereits verfassten Testamenten je nach Wortlaut eine Anpassung aufdrängen, so dass es im Todesfall nicht zu unerwünschten Folgen kommt. Wird beispielsweise jemand auf den Pflichtteil gesetzt und die frei verfügbare Quote anderweitig zugeteilt, so dürfte der Wille der Erblasserin oder des Erblassers üblicherweise dahingehend interpretiert werden, dass die auf den Pflichtteil gesetzte Person möglichst wenig und die zusätzlich begünstigte Person möglichst viel erhalten soll. Wenn dies aus dem bisherigen Testament nicht klar erkennbar ist, ist eine Klarstellung empfehlenswert. Wenn jemand kein Testament verfasst hat, wird der Nachlass weiterhin nach der gesetzlich vorgesehenen Erbfolge verteilt – an dieser ändert sich mit der Revision nichts.

Warum ist es sinnvoll, den eigenen Nachlass zu regeln?
Indem zu Lebzeiten klare Verhältnisse geschaffen werden, kann Streit vermieden werden. Eine weitere Motivation für eine umfassende Regelung des Nachlasses ist der Wunsch, den Ehegatten oder Konkubinatspartner im Fall des eigenen Todes finanziell abzusichern. Bei Personen mit Wohneigentum steht dabei im Vordergrund, dass dieses nicht an die Kinder geht oder verkauft werden muss, sondern beim überlebenden Elternteil verbleibt.

Was muss beim Aufsetzen eines Testaments in Appenzell Ausserrhoden beachtet werden?
Es gelten die gleichen Vorschriften wie in der restlichen Schweiz. Bei der geplanten Testamentserstellung gibt es zwei Vorgehensmöglichkeiten: Das eigenhändig geschriebene Testament, das von Anfang bis Schluss inklusive Datierung und Unterschrift selbst niedergeschrieben werden muss, oder die Erstellung eines Testaments mit Hilfe eines Notars. Letzteres bietet sich insbesondere an, wenn die Nachlassverhältnisse komplexer sind, die Abfassung eines Testaments die Hilfe einer Fachperson erfordert oder jemand seinen letzten Willen nicht mehr von Hand niederschreiben mag oder kann.

Welche Dienstleistungen erfüllt das Erbschaftsamt in Herisau?
Das Erbschaftsamt bietet Beratungen und Beurkundungen im Zusammenhang mit Testamenten, Ehe- und Erbverträgen oder Vorsorgeaufträgen an. Es nimmt Testamente oder Erbverträge zur Hinterlegung entgegen. Ausserdem ist das Amt für die Nachlassregelung von in Herisau wohnhaft gewesenen Personen zuständig. Es erfüllt einen gesetzlichen Auftrag, indem es die Erben beim weiteren Vorgehen berät, Testamente oder Erbverträge eröffnet, die gesetzliche Erbfolge ermittelt, mit Hilfe der Erben ein Inventar erstellt oder Erbenbescheinigungen ausstellt. Wenn kein Willensvollstrecker ernannt wurde und die Erben nicht einstimmig darauf verzichten, nimmt das Erbschaftsamt auch die Teilung der Erbschaft vor.

Was sind die Herausforderungen in Ihrer täglichen Arbeit?
Wer zu uns zur Beratung kommt, hat sich üblicherweise nicht unbedingt umfassend Gedanken gemacht, wie er seinen Nachlass geregelt haben möchte. Wir zeigen die Möglichkeiten auf und stellen sicher, dass der Wille in die korrekte rechtliche Form umgesetzt wird. Den genauen Willen des künftigen Erblassers festzustellen und präzise niederzuschreiben, kann unter Umständen schwierig sein, wenn man seine Familien- und Vermögensverhältnisse nicht kennt und entsprechende Rückfragen privater Natur sind.

Eine Publikation der Gemeinde Herisau.

Weitere Artikel

  • FC Heiden Jubel Kreis

Schreibe einen Kommentar