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68 Kilometer Kanalisation: Das unsichtbare Netz unter Herisau

Den meisten rückt die Kanalisation nur dann ins Bewusstsein, wenn sie repariert werden muss. Dabei leistet das weitverzweigte Rohrgeflecht einen unschätzbaren Dienst – und misst mehr Kilometer als das Gemeindestrassennetz.

  • Mit Retentionsstaukanälen, hier in der Nordhalde, kann Regenwasser verzögert abgeleitet werden. (Bild: gk)

    Mit Retentionsstaukanälen, hier in der Nordhalde, kann Regenwasser verzögert abgeleitet werden. (Bild: gk)

Der Blick auf die Karte zeigt ein feines Netz von roten, violetten und blauen Linien, das das Herisauer Gemeindegebiet durchwebt. Beim Hereinzoomen werden im online abrufbaren Abwasserkataster unzählige Verästelungen sichtbar. Von diesen Linien ist im Alltag wenig zu sehen: Sie zeigen das unterirdische Kanalisationsnetz der Gemeinde Herisau. Neben den privaten Leitungen umfasst der gemeindeeigene Anteil rund 68 Kilometer und ist damit 19 Kilometer länger als das Gemeindestrassennetz. Den Überblick darüber hat Roger Schläpfer, Fachbereichsleiter Siedlungsentwässerung bei der Gemeinde Herisau: «Die Abwasserrohre unter unseren Füssen haben Durchmesser zwischen zehn Zentimetern und zwei Metern.»

Kleine Anlagen stillgelegt
Die Rohre leiten die Abwässer von fast allen Herisauer Liegenschaften in die gemeindeeigene Abwasserreinigungsanlage (ARA) Herisau. «Sie ist topografisch günstig in der Örtlichkeit Tüfi/Bachwis gelegen», sagt Roger Schläpfer. Trotzdem braucht es zehn Pumpstationen, um Niveauunterschiede auszugleichen, beispielsweise vom Saum und vom Schwänberg, wo bis vor wenigen Jahren noch kleinere ARAs betrieben wurden.

Beim Einbau neuer Leitungen rechnet man laut Roger Schläpfer mit einer Lebensdauer von 80 Jahren. Damit diese erreicht wird, müssen die Rohre unterhalten werden. Alle fünf Jahre werden die Leitungen mit Hochdruck durchgespült. Auf Schäden geprüft werden sie alle zehn Jahre unter Zuhilfenahme von Kameras. Die grossen Kanäle, die gut 1,8 Kilometer ausmachen, werden sogar alle vier Jahre begangen – wobei «gehen» bei Kanaldurchmessern ab 1,20 Metern ein grosses Wort ist. Werden Schäden entdeckt, gibt es zunächst verschiedene Möglichkeiten, ein Rohr zu reparieren, ohne es auszugraben. Kleinere Reparaturen können heute beispielsweise Roboter ausführen. Eine andere Möglichkeit ist das Einziehen und Aushärten eines harzgetränkten Kunststoffschlauches, wobei ein Rohr im Rohr entsteht, ein sogenannter Inliner. Der Ersatz von Leitungen ist das letzte Mittel, da das Ausgraben nicht nur Kosten, sondern auch Verkehrsbehinderungen verursacht – es sei denn, dass angesichts eines Strassenbauprojekts ein Leitungsersatz vorzuziehen ist.

Regenwasser soll nicht mehr in die ARA
Eine Daueraufgabe des Fachbereichs Siedlungsentwässerung ist die stetig fortschreitende Umstellung der Mischwasserkanalisation auf ein Trennsystem. Das bedeutet, dass zwei Kanalisationen parallel gebaut werden, damit Regenwasser nicht mit dem Schmutzwasser vermischt in die ARA gelangt. Die Abwasserreinigung wird durch die Verdünnung nämlich aufwendiger und bei stärkeren Regenfällen entlasten die Mischwasserkanäle öfter in angrenzende Gewässer. Dieses eingeleitete verdünnte Abwasser soll künftig massgeblich reduziert werden. «Auch wenn zwei parallele Kanalisationen im Bau kurzfristig teurer sind, lohnt sich die weitgehende Umstellung gewässerschutztechnisch wie auch wirtschaftlich», hält Roger Schläpfer fest.

Der Richtplan für die Kanalisation
Während die Umstellung auf das Trennsystem bereits eine Daueraufgabe für Jahrzehnte ist, soll der aktualisierte Generelle Entwässerungsplan (GEP) nächstens genehmigt werden. Dabei handelt es sich gewissermassen um den Richtplan für das Kanalisationsnetz. Neben der Erschliessung der Haushalte und Betriebe werden darin eine Reihe weiterer Fragen beantwortet. So lautet eines der Hauptziele des GEP, den Anteil von Fremdwasser, das in die ARA geleitet wird, zu reduzieren. «Das ist unverschmutztes Wasser, welches stetig fliesst, etwa aus Sickerleitungen, Quellen und Brunnen, und von Gesetzes wegen eigentlich gar nicht in die ARA geleitet werden dürfte», sagt Roger Schläpfer. Sein Anteil an der Gesamtabwassermenge konnte in den vergangenen 30 Jahren mit der bisherigen GEP-Umsetzung von 46 Prozent auf 30 Prozent gesenkt werden.

Ein anderes Thema, welches auch medial unter dem Namen «Schwammstadt» an Bedeutung gewinnt, ist die Frage, wie Regenwasser gleich vor Ort versickern kann, um damit das Grundwasser anzureichern. Mit einer zusätzlichen verzögerten Ableitung durch entsiegelte Flächen, Einstauflächen oder -mulden, begrünten Dächern und Retentionsanlagen kann so bei Regen die Kanalisation entlastet und während Hitzewellen etwas für das lokale Klima gemacht werden. «Hierzu kann jeder Grundeigentümer bereits heute einen wertvollen Beitrag leisten.»

Eine Publikation der Gemeinde Herisau.

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